Proben im Netz

Verschoben oder Proben?

/ / Bild: M94.5

Chöre, Orchester und auch kleinere Ensembles müssen regelmäßig proben – jetzt eben online. Aber ist das überhaupt möglich, wenn schon ein normales Gespräch bei Skype oft stockt?   

Eine Chorprobe auf Zoom. Was klingt, wie ein aufgebrachtes Durcheinander, soll eigentlich eine synchrone Melodie sein. Schuld daran ist das Internet. Durch die Latenz, d.h. die Dauer bis der Ton, der bei einem vor dem Laptop entsteht, bei den Chorleiter*innen im Wohnzimmer ankommt, klappt eine Chorprobe online nicht so synchron, wie im echten Proberaum. Zudem ist es oft eine Frage der Audioqualität und der Internetverbindung, ob diese gut genug sind. Weil viele Kommunikationsdienste außerdem eine verringerte Datenübertragung anstreben, sind nicht nur WhatsApp-Bilder von schlechter Qualität sondern auch Skypetöne meist von mangelnder Klangqualität. 

DigitalStage – Ein Tool zum Dirigieren  

Dieses Problem will nun die Initiative „DigitalStage“ lösen, indem sie „Ein Audio-Video-Konferenzsystem mit Punkt-zu-Punkt Verbindungen, das speziell für die Bedürfnisse von Musik, Tanz, Theater und bildender Kunst“ entwickelt.  Wann das jedoch online geht, ist bisher nicht absehbar. 

Verschoben statt Proben  

Genauso wenig absehbar ist die Zukunft für viele Künstlergruppen. So kann der internationale Münchner Chor „MiCapella“ erstmal nicht proben, während der Vorstand nach Lösungen sucht.   Die Gärtnerplatz Jugend ist dahingehend schon weiter, plant Skypekonferenzen und verteilt Notenblätter zum Üben an die Schauspieler*innen, die außerdem für die kommende Aufführung über ein WhatsApp Video einen Tanz einstudieren. 

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Der Chorprobensaal vom Gärtnerplatztheater bleibt erstmal leer

Beim Singen gut Klingen  

Simone Aigner singt normalerweise in einem Chor, der meistens vor den Auftritten in mehreren Terminen probt. Das ist für die Münchnerin jetzt nicht mehr möglich. „Eine Chorprobe wie man sie normalerweise kennt, funktioniert virtuell leider aufgrund der Zeitverzögerung bei der Übertragung nicht.“, erklärt sie. „Wir haben es jetzt einmal so umgesetzt, dass alle Mitglieder stumm geschaltet sind und nur das Keyboard mit Gesang für alle zu hören ist. So singen alle für sich Zuhause, was im ersten Moment schon ein komisches Gefühl ist, jedoch trotzdem, zumindest ein bisschen, die Stimmung, die man normalerweise beim Singen bekommt, verspüren lässt.“ 

„Alle singen [zwar] für sich Zuhause, [was] jedoch trotzdem […] die Stimmung, die man normalerweise beim [gemeinsamen] Singen bekommt, verspüren lässt.”

Simone Aigner, Studentin und Mitglied eines Münchner Chors
Viele Instrumente müssen jetzt erst einmal alleine gespielt werden
Bild: Friederike Maisch

Zuhause Musik studieren?

Und wie sieht es bei Menschen aus, die hauptberuflich oder im Studium proben? An der Theaterakademie August Everding in München wird nach Alternativen gesucht. Prof. Marianne Larsen ist dort Leiterin des Studiengangs Musical. Kurse über Videoanrufe sind für sie keine adäquate Übersetzung. ,,Kunst ist sinnlich und muss sinnlich erlebt werden’’ erklärt sie. Interpretationen und Gefühlsspektra wie im Theater kann ein Computer nicht vermitteln. 
Zwar klappt die Theorie noch und wird von den Schüler*innen gut aufgenommen, aber auch die Bewegung, die das Studium prägt, fehlt. Viele Schüler*innen sind in kleinen Wohnungen und haben nicht den Raum, um die zwölf Stunden Tanz in der Woche anständig auszuführen. Trotzdem ist sie stolz darauf, wie kreativ die Dozenten*innen mit der Situation umgehen. Wie etwa das Abspielen von Sprachnachrichten im Zoom-Unterricht, um Verzögerungen zu vermeiden. Dass ihre Schüler*innen am Ende ausreichend qualifiziert sein werden, zweifelt sie auch nicht an. Aber sie sorgt sich um die Zukunft der Menschen, die auf ihre Kunst gestellt sind und keine Rücklagen für die nächste Zeit haben, wo keine Eröffnung in Sicht ist. 

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Nachbesprechung der Onlineaufführung per Livestream

Neue Ensembles in der Krise 

Gerade im künstlerischen Bereich macht die Coronakrise erfinderischer denn je, denn die Menschen lassen sich nicht unterkriegen. Friederike Maisch ist Studentin und spielt leidenschaftlich Geige. Eigentlich auch in einem Orchester. Als zu Beginn der Krise die Leute um 21 Uhr geklatscht haben, entschloss sie sich, dazu Musik zu spielen. Deshalb hat sie mit ihren Mitbewohnern ein Ensemble gegründet, das fast täglich probt. Mittlerweile spielen sie jedes Wochenende am Küchenfenster. „Es macht einfach Spaß, sich so auszuleben“ meint die Musikerin, „ohne die Ausgangsbeschränkung, wäre die Gruppe niemals zustande gekommen. Manchmal braucht es einfach Mut und neue Ideen“.

Friederike probt weiterhin Geige – Jetzt für Fußgänger
Bild: Friederike Maisch

Laut bleiben  

Die Krise weist große Maschen im globalen Netz der Möglichkeiten auf, die man versucht, mit viel Geduld, Kreativität und zukunftsorientierten Ideen zu flicken. Das funktioniert nicht immer, gibt aber Hoffnung, dass nach der Krise auch Orchester und Theater wieder aufleben.