Paralympics 2020

Paralympics 2020

United by Emotion?

/ / Foto: Stefanie Haas

Tokio ist die erste Stadt, die mehr als einmal Gastgeber der Paralympischen Spiele sein durfte. Am Montag endeten dort mit der Abschlusszeremonie die Paralympics und wurden an Paris übergeben. Die als “Recovery Games” beworbenen Spiele sollten Teil des symbolischen Wiederaufbaus Japans nach der Dreifachkatastrophe 2011 in Fukushima sein. Doch wie viel ist von dieser Idee noch übrig?

Bei den ersten Paralympics 1964 in Tokyo unter dem Engagement des nun in Ruhestand gegangenen Kaiserpaars Akihito und Michiko war vor allem das Rollstuhlrennen über 60 Meter eines der Highlights der insgesamt 144 Wettkämpfe. Auch dieses Jahr eröffnete der aktuelle Kaiser Naruhito, der vor zwei Jahren den Thron seines Vaters bestieg, die Spiele am 24. August. Der Familie wird nachgesagt, sich schon seit Langem für die Belange eingeschränkter Menschen einzusetzen – dass der Paralympische Geist von Vater zu Sohn wandert, könnte also ein stimmiges Symbol sein. 22 Sportarten und 539 Wettkämpfe später bleibt also die Frage: Wie viel wurde von diesem Geist weitergegeben?

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Schon 1964 war Tokyo Gastgeber der Paralympics.

Gesellschaftlicher Wandel

Obwohl Japan bei neueren Gebäuden oder im öffentlichen Nahverkehr eine sehr gut ausgebaute Infrastruktur (vor allem für sehbehinderte Menschen) hat, gibt es nach wie vor viel zu tun. Mehr Aufmerksamkeit zum Thema “Leben mit Einschränkungen” sollten die Paralympics schaffen und das ist in Japan bitter nötig. Es geht nicht nur darum, kleine enge Gassen die mit einem Rollstuhl nicht befahrbar sind, abzuschaffen oder Rolltreppen per Lautsprecher für Sehbehinderte kenntlich zu machen. Es geht auch darum, in der Gesellschaft Bewusstsein für das Leben mit Einschränkungen zu schaffen und klar zu machen, warum auch dies eine Bereicherung ist. Noch vor fünf Jahren schockierte die japanische Gesellschaft ein Amoklauf in Sagamihara, bei dem ein Täter mehrere körperlich und mental eingeschränkte Bewohner:innen eines Pflegeheimes tötete. Die Paralympics in unmittelbarer Nähe auszurichten, zeigt vom Bestreben, der Welt zu zeigen: Japan ist ein für Menschen mit körperlichen Einschränkungen offenes Land.

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Die großen Momente der vergangenen Spiele.

Natürlich geht das nicht ohne Fehlstarts. Kritisiert wurden auch bei diesen Paralympics unter anderem die langen Wege zwischen den Veranstaltungsstätten wie dem Olympiastadion und dem Olympischen Dorf. Die Strecken konnten Athlet:innen im Rollstuhl beispielsweise quasi nur mit Autos zurücklegen. Das wiederum untergräbt den für die Spiele zentralen Aspekt der Nachhaltigkeit. Hinzu kommen die Auswirkungen der Pandemie: Neben der olympischen Bubble, also der kompletten Trennung der für die Spiele Angereisten von der japanischen Bevölkerung, blieb für die Athlet:innen kaum Zeit, das Gastland überhaupt kennenzulernen. Gleichzeitig war auch hier der Zuschauerbetrieb fast komplett untersagt – lediglich die Eröffnungszeremonie und einige Wettkämpfe durften von Schulklassen besucht werden. Und obwohl die olympische Bubble auch bei den Paralympics funktionierte – unter den olympischen Delegationen gab es kaum COVID-Infektionen – stiegen die Infektionszahlen innerhalb der Bevölkerung weiterhin, sodass Japan beinahe 20.000 Neuinfektionen verzeichnete.

Weniger Medaillen – Trotzdem ein Erfolg

Allein, dass die Spiele um ein Jahr verschoben wurden, war für viele Athlet:innen ein Problem: Der lange Stillstand, und die mehrfachen Lockdowns erschwerten es enorm, zu trainieren. Vielleicht, so die Einschätzung im Nachhinein, hatte dies auch dazu beigetragen, dass das deutsche Team weniger Medaillen mit nach Hause brachte als bei den vergangenen Paralympics. Jedoch bemerkte der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes, Friedhelm Julius Beucher, im Interview mit der ARD, dass es trotz der für Deutschland geringeren Medaillenzahl Athlet:innen aus anderen Ländern gäbe, auf die der Paralympische Geist übersprungen sei.

Eines der rührendsten Bilder hatte die Abschlusszeremonie domioniert: Zakia Khudadai und Houssain Rasouli, zwei afghanische Athlet:innen, die nur durch pures Glück rechtzeitig das Land verlassen und an den Spielen als Teil des Flüchtlingsteams teilnehmen konnten, trugen beim Abschluss der Paralympics die afghanische Flagge.

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