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M94.5 Serienkritik

Dark- Der Anfang vom Ende

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Oder das Ende des Anfangs? Was Ende und Anfang eigentlich sind oder ob wir uns doch alle nur im Kreis bewegen sind Fragen mit denen sich die Serie Dark seit Staffel 2 beschäftigt. Die erste deutsche Netflixproduktion ist mit ihrem Mix aus Zeitreise, Scifi Mystery und Familiensaga weltweit erfolgreich geworden. Die 3. Staffel und letzte der deutschen Erfolgsserie ist seit dem 27. Juni auf Netflix zu sehen.

Nach einem langen Tag auf die Couch legen, Laptop an, Netflix aufrufen und Gehirn abschalten… dafür ist die Serie Dark definitiv nicht geeignet. Stattdessen sollte man eher ein Notizbuch bereithalten, den Familienstammbaum der Charaktere und am besten noch das Einmaleins der Philosophie. Denn Dark ist eine Serie die herausfordert mitzudenken, oft verwirrend und  kompliziert erscheint, wenn man mal kurz nicht aufpasst. Doch auch wenn nicht man nichts über Quantenphysik und Determinismus weiß, lohnt es sich dieser außergewöhnliche Serie eine Chance zu geben- was sich mit der dritten Staffel und somit eine der als Trilogie konzipierten Serie wieder bestätigt. Dark belohnt die Aufmerksamkeit und ein Auge für Details, die erst später Sinn ergeben, mit einem Ende in dem sich (fast) alles zusammenfügt. Nachdem die Serie zuvor mehr Fragen als Antworten präsentiert bleibt, stellt sich die Frage ob es Macher Jantje Friese und Baran bo Odar schaffen die unzähligen Handlungsstränge abzuschließen und die offenen Fragen zu beantworten. (Was ist diese Parallelwelt? Wie hat alles begonnen? Darf der arme Jonas nochmal duschen?)

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Der Kreis schließt sich in der letzen Staffel von Dark.

Überraschend und Unabwendbar

In den vorherigen Staffeln hat Dark ein Netz aus Fragen, Geheimnissen und Rätseln gesponnen. Angefangen mit dem Verschwinden eines Jungen, über Zeitreisen, bis hin zu immer mehr Handlungs- und Zeitsträngen. Kaum dachte man komplizierter geht’s nicht mehr, hat die Serie in den letzten Minuten der 2. Staffel ein komplett neues Fass aufgemacht: Parallelwelten. In diese Parallelwelt nimmt uns die dritte Staffel mit, lässt uns den Anfang noch einmal durchleben – aber auch gleichzeitig nicht. Mehr soll aber auch gar nicht über die Handlung verraten werden, am besten ist es ohne Vorwissen hineinzugehen. So viel sei verraten: die Serie schafft es wieder mit Wendungen zu überraschen, die gleichzeitig unausweichlich erscheinen.

Eine Serie über die menschliche Natur

Auch wenn Dark sich mit komplexen philosophischen Fragen beschäftigt, sind das Herz der Serie die Charaktere und ihre Beziehungen. Dark ist eine Serie über die menschliche Natur.  Es geht um Schmerz und Trauer, um Liebe und Schicksal. Wie man selbst sein größter Feind sein kann (auch wenn Dark das sehr wörtlich nimmt) und wir uns in unserem Leben verändern können. Wie sich alles dann doch wiederholt, wie ein Deja-vu. Es herrscht eine gewisse Tragik, wenn Charaktere, die versuchen ihrem Schicksal zu entkommen, nur dadurch erst den Weg dahin ebnen. Es wird dabei aber kein richtig und falsch gezeigt, es gibt kein schwarz und weiß, gut und böse – jede Motivation der facettenreichen Charaktere ist begründet, alles ist moralisch grau. Der einzige Bösewicht ist das Schicksal selbst.

Lisa Vicari als Martha (Bild: Netflix)

Das Gewicht diese Themen den Zuschauern nahezubringen lastet auf dem riesigen Cast der Serie. Das Casting an sich muss an dieser Stelle gelobt werden, die Ähnlichkeiten der Charaktere in Aussehen, Mimik und Gestik sind nahezu unheimlich. Die schauspielerische Leistung des gesamten Ensembles ist durchgehend beeindruckend. Besonders Lisa Vicari (Martha) bekommt in dieser Staffel ihren Moment im Scheinwerferlicht. Die Motivation der vielen Charaktere aus unterschiedlichen Zeiten und Welten verändert sich im Laufe der Serie häufig. Dabei kommt ihre jeweilige Präsenz auf dem Bildschirm oft zu kurz. So fühlt man sich auch in der dritten Staffel von Dark distanziert von den Charakteren und braucht länger um ihre Handlungen nachzuvollziehen.

Das Atomkraftwerk in Winden. (Bild: Netflix)

Zu viel Philosophie

Insgesamt haben Jantje Friese und Baran mit Dark jedoch ein stimmiges, sehr ästhetisches Gesamtkunstwerk kreiert. Die Musik spiegelt die Emotionen der Charaktere wieder, untermalt die Szenen. Die Cinematographie ist herausragend, die individuellen Details der einzelnen Welten und Zeiten sind ausgeprägt und gleichzeitig subtil. Dadurch kann der Zuschauer ohne viel Hilfe feststellen wo und wann er sich gerade befindet – was mit inzwischen sechs Zeitebenen und zwei Welten gar nicht so einfach ist. Die Atmosphäre wird von der Umgebung und der Stadt selbst untermalt, von dem düsteren nebligen Wald, den Unmengen an Regen und den Türmen des Atomkraftwerks, die sich bedrohlich über den Bäumen abzeichnen. Alles scheint geheimnisvoll und bedeutungsschwanger. Die Charaktere, ihre Kleidung und ihre Dialoge sind Teil des Gesamtbilds. Trotzdem ist Dark manchmal zu verliebt in seine eigene Ästhetik. Zeitweise wird zu dick aufgetragen, Dialoge werden zu gestelzten philosophischen Reden, die sich ständig wiederholen. Irgendwann versteht auch der unaufmerksamste Zuschauer, dass der Anfang das Ende ist und der Anfang… und so weiter.

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Ein Meisterwerk

Dark ist eine faszinierende, brilliant konzipierte Serie und die dritte Staffel bringt die Geschichte zu einem nahezu perfektem, bittersüßem Schluss (was gar nicht so einfach ist, erinnern wir uns nur an einen enttäuschenden Serienabschluß im letzten Jahr). Der Abschluss ist zwar nicht sonderlich überraschend oder unerwartet, dadurch aber auch logisch und sinnvoll. Ein würdiges Ende- oder eben ein Anfang. Denn die dritte Staffel lässt den Zuschauer mit dem Wunsch zurück nun alles wieder von vorne anzusehen. 

Dark gibt es bei dem Streaming-Anbieter Netflix zu sehen.