Ein ehemaliger Stadtrat erzählt

„An manchen Themen sitzt man 20 Jahre“

/ / Bild: Nagy/Presseamt München

Dr. Thomas Lange blickt auf seine jahrelange Arbeit als Stadtrat zurück. Von 1990 bis 2008 saß er für die SPD im Rathaus, mit dem Fokus auf Verkehrspolitik. Warum er an seinem ersten Tag als Stadtrat ziemlich aufgeschmissen war und was die Arbeit eines Stadtrats alles beinhaltet, hat er uns am Tag nach den Kommunalwahlen im Interview erklärt.

Bevor er Stadtrat wurde, war Dr. Thomas Lange seit den 70er Jahren im Bezirksausschuss für die SPD in seinem Viertel, dem Lehel, tätig. Die Debatte um die Flächennutzungsplanung der Innenstadt war zu dieser Zeit ein heiß umstrittenes Thema, das bis heute Auswirkungen auf unser Leben in München hat. Die ursprünglichen Pläne sahen vor, dass die Münchner am Stadtrand leben und in der Innenstadt arbeiten sollten. Dagegen haben sich alle Stadtviertel vehement gewehrt. So auch das Lehel und Dr. Thomas Lange. Für den ehemaligen Stadtrat war diese Debatte damals der Start in die Stadtpolitik: „Das hat mir Appetit gemacht“, erinnert er sich zurück.

„Was die können, kann ich auch“

In seiner Arbeit beim Bezirksausschuss brachte Dr. Lange die Anliegen aus seinem Viertel in den Stadtrat. Der Stadtrat machte wiederum auf gesamt-städtische Themen aufmerksam, um dafür die Unterstützung aus den Bezirksausschüssen zu erhalten. Mit Blick auf diese Zusammenarbeit dachte sich Dr. Thomas Lange damals: „Was die können, kann ich auch“, und bewarb sich für den Stadtrat. Nach einer Kommunalwahl, die immer an einem Sonntag stattfindet, erfahren die Kandidierenden dann in der Regel am Dienstag darauf vom Kreisverwaltungsreferat, ob sie es in den Stadtrat geschafft haben. Die neuen Stadträte werden dann vereidigt und ihnen wird die sogenannte „Amtskette“ überreicht.

Münchner Stadtratskette (Bild: Michael Nagy/Presseamt München)

„Da muss man gut drauf aufpassen, die sind sauteuer“, schmunzelt Dr. Lange. Denn diese Amtsketten müssen die Stadträte nach ihrer Amtszeit dann auch wieder zurückgeben. Nach der Vereidigung und der Übergabe der Amtskette treten die neuen Stadträte ihr Amt dann Anfang Mai an.

„Da wurde sich kaum um die Neuen gekümmert“

Dr. Lange war damals enttäuscht von seiner Fraktion, die ihn ins kalte Wasser geworfen hatte. Zum Amtsantritt wusste er nicht, was die konkreten Aufgaben eines Stadtrats eigentlich sind, gibt er zu. Erst nach einiger Zeit hatte er sich dann im Stadtrat eingelebt. Neben Fraktionssitzungen der jeweiligen Parteien, sowie Ausschuss- und Plenumssitzungen, gehören auch die Aufgaben als Verwaltungsbeirat zur Arbeit eines jeden Stadtrats. Je nach Spezialgebiet wird jedem Stadtrat ein Bereich zugeteilt, der zu kontrollieren und verwalten ist. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit der verantwortlichen Person dieses Bereichs. Dr. Lange, der für Verkehrspolitik zuständig war, war während seiner Amtszeit als Stadtrat der Verwaltungsbeirat für die Verkehrsbetriebe. Neben der Kontrolle gehört aber auch die stetige Verbesserung des jeweiligen Bereichs zu den Aufgaben des Stadtrats. Als ihm beispielsweise ein Münchner Aktivist einen Artikel aus einer Verkehrszeitschrift über ein neues Trambahn-Modell zeigte, ist Dr. Lange damit direkt auf den Chef der Verkehrsbetriebe zugegangen, um zu bewirken, dass diese auch nach München kommen.

„1990 fuhren die Trambahnen langsamer, als noch 1930“

Doch das war nicht sein größter Erfolg im Rathaus. Die Verlangsamung der Tram lag laut des ehemaligen Stadtrats vor allem an dem vermehrten Verkehrsaufkommen durch Autos und die dadurch notwendigen Ampelschaltungen. Ein Zustand, den Dr. Lange so nicht stehen lassen konnte. Durch intensive Planung in verschiedenen Ausschüssen im Stadtrat und die Zusammenarbeit mit den Verkehrsbetrieben und Ingenieuren konnte die Geschwindigkeit wieder stark erhöht werden, was der ehemalige Stadtrat als eine der größten Errungenschaften während seiner Amtszeit sieht. Während seiner Amtszeit gab es aber auch immer wieder Rückschläge, wie zum Beispiel verlorene Bürgerbegehren. Die Arbeit als Stadtrat kann zudem auch ziemlich zäh sein, gibt Dr. Lange zu.

„Es geht eben nicht immer nur um die großen Fragen“

Manche Ideen brauchen jahrelange Planung und mühselige Debatten, wie der ehemalige Stadtrat betont. Ein voller Terminkalender mit verschiedenen, sich regelmäßig wiederholenden Sitzungen, ist ständiger Begleiter eines Stadtrats. Aber selbst, wenn er sich während seiner langen Amtszeit eingestehen musste, dass auch weniger spannende Sitzungen zum Alltag im Rathaus dazugehören, blickt Dr. Lange positiv auf seine Zeit als Stadtrat zurück. Den meisten Spaß haben ihm die Extra-Kommissionen in seinem Fachbereich Verkehr gemacht: Die Trambahn-Verläufe beispielsweise, wurden hier exakt geplant. Wenn Dr. Lange heute durch München schlendert, dann weiß er, dass seine Arbeit das Stadtbild maßgebend geprägt hat.